CUBA - ein Four Letter Word

Bericht

Anlässlich der Buchung einer Reise für eine Gruppe des Kinderhilfswerks Camaquito zur Stützung von Kindern und Jugendlichen in Kuba in den Bereichen Bildung und Kultur überwies ich von meinem Postcheckkonto beim nationalen Finanzinstitut PostFinance, Zweig Zürich, am Wochenende vom 18./19.09.2004 mit einem Online-Auftrag zweimal (je einmal für mich und meine Partnerin) den Betrag von USD 764.00 auf das USD-Konto der Firma Cuba Real Tours Ltd. bei der UBS in Zürich.

Das Finanzinstitut PostFinance hat mich vor weniger als einem Jahr mit einer drakonischen Gebührenordnung dazu gedrängt, meine Zahlungen in Zukunft online zu tätigen. Wenn man auf der Website, die zu diesem Zeitpunkt über www.yellownet.ch erreichbar war, Zahlungen eingibt, hat man die Wahl, Zahlungen ins Ausland oder Fremdwährungszahlungen im Inland einzugeben. Da die Zahlung in USD im Inland erfolgen sollte, wählte ich letztere Option. Gemäss der Anleitung auf dieser Website identifizierte ich die Bank der Begünstigten Firma mit dem SWIFT-Code der UBS.

Als die Firma Cuba Real Tours Ltd. mich eine Woche darauf fragte, ob ich die Überweisung getätigt hätte, schickte ich ihr als Beleg eine Kopie des Zahlungsauftrags. Die Transaktion war am 20.09.2004 zum Kurs von 1.2845 CHF/USD belastet worden, wodurch sich der Stand meines Postcheckkontos um zweimal CHF 981.36 verringerte.

Auch auf dem Monatsauszug für September ist die Transaktion entsprechend verbucht.


Vom 7.10.-22.10.2004 verbrachten wir unsere Ferien in Kuba und wurden von der Firma Cuba Real Tours Ltd. ausgezeichnet bedient.


Da wir der Post den Auftrag gegeben hatten, unsere Post während unserer Ferienabwesenheit zurückzubehalten, erhielt ich erst am 25.10.2004 einen Brief der PostFinance, der vom 20.10.2004 datiert ist. In diesem Brief wurde mir mitgeteilt, dass mein Auftrag in den USA (!) "blockiert" worden sei, weil ich "in der Empfängeradresse Cuba erfasst" habe. Wegen des Währungsembargos der Regierung Bush gegen den Staat Kuba, sei meine Zahlung auf einem Sperrkonto des U.S. Department of the Treasury gelandet. Ich könnte den Betrag "eventuell zurückerhalten" wenn ich "das beiliegende Formular in Englisch korrekt ausgefüllt" an diese Stelle schicke. Die PostFinance erlaube sich, "unser Dossier zu schliessen" und stehe "für weitere Fragen gerne zur Verfügung".

Am 26.10.2004 machte ich von diesem freundlichen Angebot Gebrauch und rief die auf dem Brief angegebene Telefonnummer an. Nach Angabe der Betreffscodes, die der PostFinance wohl für die Identifikation der Transaktionen dienen (32 2004 195803/ 32 2004 195802) wurde ich mit einer Dame verbunden, deren Namen ich nicht verstand und die mir zu erklären versuchte, warum es mein Fehler sei, dass die Zahlungen blockiert wurden. Ich müsse nun halt einfach die Rückforderung in den USA geltend machen.

Ich machte darauf aufmerksam, dass in der Schweiz kein Embargo gegen Kuba besteht, dass es sich um eine Transaktion von einem Schweizer Finanzinstitut an ein anderes Schweizer Finanzinstitut handelte, bei der bloss vorgängig noch eine Währungskonversion von CHF in USD stattfinden musste. Ich wurde daraufhin aufgeklärt, dass die für USD-Transaktionen zuständige Partnerfirma Western Union der PostFinance ihren Sitz in den USA hat und aus diesem Grund offenbar auch Transaktionen von der Schweiz in die Schweiz von den Behörden in der USA konfisziert werden können. Auf der Website www.postfinance.ch wird dieser Partner für Zahlungen ins Ausland aufgeführt, nicht für USD-Zahlungen ins Inland. Innerhalb von 10 Minuten sei eine Überweisung mit dieser Firma weltweit abholbereit. Da es sich bei der PostFinance um eine vom Bund kontrollierte Institution handelt, darf man davon ausgehen, dass diese gegenüber ihren Partnern die Einhaltung der schweizerischen Gesetze zum Daten- und Persönlichkeitsschutz sichergestellt hat.

Es gibt verschiedene Gründe, warum es nicht sehr sinnvoll ist, wenn ich beim U.S. Department of the Treasury einen Rückforderungsantrag stelle:

  1. Ich hatte nie einen Auftrag erteilt, die Beträge in die USA und von dort aus zugunsten einer Firma in Kuba zu überweisen. Wie kann ich jemanden auffordern, einen Auftrag rückgängig zu machen, den ich nie erteilt habe?
  2. Wenn sich das U.S. Department of the Treasury aus irgendeinem Grund weigert, die Zahlung rückgängig zu machen, hätte ich mit meinem Antrag die Verantwortung für Korrektheit des Englisch im Antrag etc. übernommen. Die PostFinance hat ja ihr "Dossier" geschlossen.
  3. Schon zum jetzigen Zeitpunkt muss ich davon ausgehen, dass mein Name und meine Adresse in den USA als Unterstützer eines "Terrorregimes" fichiert ist, und, dass ich bei meiner nächsten Reise in die USA mit Schwierigkeiten rechnen muss. Wenn ich mich auf einen längeren Austausch von Anträgen und Gegenanträgen einlasse, vergrössert sich dieser Schaden nur.
  4. Wenn ich akzeptiere, dass ich mit dem U.S. Department of the Treasury verhandle, würde ich automatisch die Zuständigkeit amerikanischer Gericht für meine gänzlich ausseramerikanische Transaktion anerkennen. Mir als aufmerksamem Zeitungsleser ist klar, dass diese Gerichte ein Vorurteil gegen mich als Schweizer haben und die juristischen Kosten in diesem Land unbezahlbar sind.
  5. Selbst wenn eine Rückforderung zur widerspruchslosen und speditiven Rücküberweisung führen würde, hätte ich einen Zinsverlust von zwei Monaten und einen beträchtlichen Währungsverlust zu berappen, nicht zu reden von den Aufwänden für die Rückforderung. Diese belaufen sich bis zum heutigen Zeitpunkt auf fünf Arbeitsstunden (Telefonate mit PostFinance, Recherche der alten Zahlungen online, Studium der Formulare und Rechtsgrundlagen).

Ich stellte mich daher der Dame von der PostFinance gegenüber auf den Standpunkt, dass ich die Rückforderung an die PostFinance stelle und es deren Problem ist, sich an ihre Unterakkordanten zu wenden, die auf unrechtmässige Weise Gelder von privaten Bürgern in der Schweiz in die USA überweisen und dort als Wahlkampfhilfe des Präsidenten einbehalten.

Mein Auftrag hatte nie darin bestanden, Geld in die USA zu überweisen, sondern von eine Konto bei einem schweizerischen Finanzinstitut auf das Konto einer kubanischen Reisegesellschaft bei einem anderen schweizerischen Finanzinstitut zu überweisen. Aus der Yellownet-Seite für Fremdwährungszahlungen im Inland konnte ich nicht schliessen, dass der Auftrag mit Zwischenstation USA abgewickelt und damit amerikanischem Recht unterstellt würde.

Aufgrund der Valutameldungen musste ich davon ausgehen, dass die Transaktion erfolgreich durchgeführt war. Nun sind die Beträge offenbar nie auf dem Konto des Empfängers angekommen. Also fordere ich den am 20.09.2004 abgebuchten CHF-Betrag und einen Betrag für meine Umtriebe von der PostFinance zurück.

Die Dame meinte, sie müsse mit Ihrem Chef reden, der mich am Nachmittag anrufen würde. Am späten Nachmittag des 26.10.2004 rief sie mich an, um mir mitzuteilen, ihr Chef könne mich erst am nächsten Tag kontaktieren, da es sich um einen komplizierten Fall handle. Am Nachmittag des 27.10.2004 rief mich dieser an und versuchte, mir noch einmal schmackhaft zu machen, dass ich einen Antrag an das U.S. Department of the Treasury sende. Auf meine Hinweise zu den oben aufgeführten Problemen hatte er keine Antwort, ausser dass er meinte, zur Vermeidung des Währungsverlustes werde die PostFinance dann schon eine für alle Beteiligten befriedigende Lösung finden. Wie eine solche aussehen würde konnte er mir nicht mitteilen.

Ich teilte ihm mit, dass ich nach wie vor die Rückforderung an die PostFinance und nicht an das U.S. Department of the Treasury richte. Da inzwischen (NZZ vom selben Tag) in Kuba keine USD mehr gehandelt werden können, bestehe ich nicht auf der nachträglichen erfolgreichen Durchführung des Auftrags, sondern fordere die abgebuchten Beträge zurück. Ich kündigte ihm an, dass ich für die Durchsetzung meiner Rückforderung den Rechtsweg zu beschreiten gedenke. Auf sein Drängen sagte ich ihm zu, dass ich dies erst vom 01.11.2004 an in die Wege leiten würde, sofern die PostFinance bis dahin nicht eine für mich akzeptable Lösung offeriert hat.

Am 29.10.2004 erhielt ich einen Anruf derselben Person, die mir mitteilte, die Marketing- und Rechtsabteilung beschäftigten sich mit dem Fall. Sie benötigten aber noch mehr Zeit. Einen Termin, bis wann mein Antrag auf Rückerstattung behandelt sein würde, könne man allerdings nicht angeben.

Am 1.11.2004 schickte ich die obige Beschreibung des Falles zusammen mit einer Rückforderung an die PostFinance. Gleichzeitig übermittelte ich eine Aufforderung, mir alle über mich gespeicherten Daten offenzulegen, an die Abteilung Datenschutz der PostFinance. Eine Kopie dieses Schreibens ging an den Beobachter, die NZZ, den eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, das Datenschutz-Forum Schweiz und die Big Brother Awards Schweiz.

Christian Rensch vom Beobachter/SF1 reagierte darauf mit einer Anfrage nach genaueren Details (Kopie des Schreibens der PostFinance) und kündigte an, dass man den Fall evtl. am 3.12. in der Sendung "Quer" des SF1 bringen wolle.

Am 5.11.2004 konnte ich online in der Liste der Bewegungen meines Postcheckkontos einen seltsamen Zusatz bei den USD- und EUR-Buchungen vom 20.09.2004 beobachten. Die Zusatzzeile lautet: "BC Gutschrift 206". Sie ist im originalen Download (anfang Oktober) der Bewegungen des Monats September nicht vorhanden. Soweit ich sehe, ist auch noch keine Gutschrift erfolgt.

Am 8.11.2004 erhielt ich einen Anruf von Herrn Schwalm, einem Mitarbeiter des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Er fragte mich an, ob sie mein Schreiben mit den detaillierten Angaben an den Rechtsdienst der PostFinance mit einer Bitte um Stellungnahme weiterleiten dürften. Ich bewilligte dies. Er versicherte mir, ich würde eine Kopie der Anfrage erhalten.

Am 18.11.2004 erhielt ich die Kopie (Seite 1, Seite 2) der Anfrage des EDSB wie angekündigt. Diese schickte ich an die interessierten Kreise und erhielt von Christian Rensch die Antwort, dass er nun doch von einem Beitrag im "Quer" absehen werde. Somit wende ich mich erneut wieder an alle Medien mit dem Fall.

Am 22.11.2004 rief mich Patrick Noth von der PostFinance wegen der Rückforderung an. Die PostFinance habe beschlossen, mir die beiden Überweisungen aus Kulanzgründen gutzuschreiben. Ausserdem wünsche sie, dass ich eine Abtretenserklärung bezüglich der Forderung gegenüber den USA unterschreibe. Dies sagte ich zu. Schliesslich wünschte er, dass ich trotz allem die Antragsformulare an das US Department of the Treasury ausfülle. Ich machte den Gegenvorschlag, dass ich der PostFinance eine Vollmacht unterschreibe, dass sie das Geld in meinem Namen zurückfordern dürfen, dass aber das Ausfüllen von Formularen und Korrespondenz mit dem US Department of the Treasury bei der PostFinance liegt. Ich gestand weiterhin zu, dass ich einen von der PostFinance ausgefüllten Entwurf der Formulare auf seine materielle Richtigkeit bezüglich des behaupteten Sachverhalts prüfen würde.

Ich wies weiterhin darauf hin, dass die Datenschutzanfrage immer noch läuft, und, dass ich Ihnen empfehle, in Zukunft nur mit Partnerfirmen zu operieren, die ihren Sitz in der Schweiz haben. Offenbar hat dies der von ihnen generell beauftragte Banker's Trust nicht. (Ich war fälschlich der Meinung gewesen, dass es sich hier um die Western Union handle.)

(Dazu eine von mir noch nicht überprüfte Meldung aus dem Web: A.B. "Buzzy" Krongard - The current Executive Director of the Central Intelligence Agency is the former Chairman of the investment bank A.B. Brown and former Vice Chairman of Banker's Trust.) Die deutsche Datenschutz-Organisation FoeBud hat Interesse angemeldet, den Fall in die deutschen Medien zu bringen.

Als ich dann während fast drei Wochen nichts mehr von der PostFinance hörte, doppelte ich nach mit der Rückforderung.

Kurz darauf meldete sich bei mir Thomas Angeli vom Beobachter, der sich dafür interessierte, einen Bericht über den Fall zu schreiben. Ob der kurz darauf erfolgte Anruf am 8.12.2004 von Herrn Noth bei mir nun eine Folge meines zweiten Schreibens war, dem Beginn der Recherchen von Herrn Angeli zuzuschreiben ist, oder zufällig zeitgleich erfolgte, kann ich nicht beurteilen.

Er entschuldigte sich wegen der langen Wartezeit und meinte, für den Rechtsdienst der PostFinance sei dies eben eine schwierige Sache.

Er sagte mir zu, bis spätestens Freitag (oder allerspätestens Montag) hätte ich die Unterlagen der PostFinance in der Post. Nachdem ich die Abtretenserklärung unterschrieben hätte, würde mir umgehend der Betrag inkl. Zinsen gutgeschrieben. In derselben Sendung würde ich auch Antwort auf meine Anfrage bezüglich über mich gespeicherte Daten enthalten.

Ich sagte ihm, dass ich die Abtretenserklärung unterzeichnen würde und dass meine Rückforderung befriedigt sei, wenn ich den Betrag gutgeschrieben erhalten habe. Dass ich die Angelegenheit aber bezüglich Datenschutz auch dann noch nicht ad Acta legen würde.

Am 10.12.2004 rief mich Patrick Noth noch einmal an und fragte mich, ob ich etwas dagegen hätte, wenn die PostFinance eine kleine Spende an Camaquito ausrichten würde. Selbstverständlich befürwortete ich eine solche saisongerechte Freundlichkeit.

Es wurde dann Samstag, bis ich die Sendung der Post erhielt. Sie bestand aus einem Begleitbrief, drei Seiten Auskunft über gespeicherte Daten (Seite 1, Seite 2, Seite 3), einer Vollmacht und einem Entwurf für eine Vereinbarung zwischen mir und der PostFinance, welche insbesondere die Abtretung im Falle einer Rückerstattung durch die amerikanische Regierung regeln sollte.

Ich war nicht ganz einverstanden mit der Datenschutz-Auskunft und der Vereinbarung und schickte einen Gegenvorschlag an die PostFinance bestehend aus Begleitbrief, unterschriebener Vollmacht und einer leicht modifizierten Vereinbarung.

Inzwischen hat Thomas Angeli vom Beobachter die Sache recherchiert und herausgefunden, dass Transaktionen in Fremdwährungen anscheinend immer über das Ursprungsland laufen. Dies war mir (und wohl vielen Schweizer Bürgern) nicht bekannt gewesen. Im vorliegenden Fall fragt sich, wie dies mit den schweizerischen Gesetzen, Verordnungen und der Aussenpolitik vereinbart werden kann.

Unsere Mitreisenden, die das Geld von einer Bank aus überwiesen haben, hatten ja keine Schwierigkeiten. Angeblich "filtern" die Banken Transaktionen aus, die an den amerikanischen Gesetzen scheitern würden. Zum Teil erhalten sie die "Filter" sogar direkt von den USA. (So weit dies innerhalb der Bank geschieht, wäre dann evtl. sogar das "Bankgeheimnis" gewahrt.) Man fragt sich allerdings, wie dann die Transaktionen bearbeitet werden, welche den Filter nicht passieren ...

Umgehend sagte mir Herr Noth telephonisch zu, dass meine modifizierte Vereinbarung von der PostFinance akzeptiert sei und dass auch eine ausführlichere Datenauskunft bei der Banker's Trust eingeholt würde. Er könne allerdings keine Garantie geben, bis wann diese eintreffen würde. Er rechne aber damit, dass sie Ende Dezember oder im Januar eintreffen würde.

Die endgültige Vereinbarung kam von der PostFinance unterschrieben zurück. Am 19.12.2004 war auch das Geld auf dem Konto und ich konnte es endlich an die Cuba Real Tours Ltd. (diesmal in CHF!) überweisen.

Am Heiligabend, dem 24.12.2004 erschien dann ein Artikel von Thomas Angeli zum Thema im Beobachter

Unmittelbar nach Weihnachten am 27.12.2004 erhielt ich dann eine seriöse Datenauskunft von der PostFinance (Seite 1, Seite 2).

Am 3.1.2005 waren beim Autor des Beobachterarktikels denn auch schon instruktive Reaktionen eingegangen, die ein mir plausibles Licht auf die Sachlage werfen. Ich leite sie an PostFinance und den eidgenössischen Datenschutzbeauftragten weiter.

Irgendwann nach dem Tsunami-Schock wurde im Januar 2005 auch ein Beitrag von Tele-Züri zum Thema ausgestrahlt, den ich leider verpasst habe. Gemäss Berichten von Zuschauern, habe andere Opfer des US-Embargo und seiner Handhabung durch die PostFinance ihr Geld nicht zurückerhalten.

Am 25.1.2005 erhielt ich von der PostFinance die Mitteilung (Seite 1, Seite 2), sie könnten mein Begehren nach Datenauskunft leider nicht an die "Deutsche Bank Trust Company Americas" (was für ein Name!) weiterleiten - angeblich, weil sie dem Entscheid des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten nicht vorgreifen wollen. Darauf bat ich den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten um Auskunft, wie ich eine Datenschutzanfrage bei der Deutschen Bank anhängig machen kann. Immerhin kennen auch die EU-Datenschutznormen die Auskunftspflicht und die Deutsche Bank Trust Company Americas ist mittels Beitritt zur Safe Harbor Vereinbarung mit der EU ebenso dazu verpflichtet.

Ausserdem erhielt ich mit derselben Post einen Vorschlag zur Formulierung des Rückerstattungsbegehrens der PostFinance an das OFAC (Seite 1, Seite 2, Seite 3), das ich auf Korrektheit prüfte.

Am 23.2.2005 kam dann die Antwort vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragen (Seite 1, Seite 2). Diese klingt einerseits gut, weil anscheinend wirklich bei der PostFinance Änderungen installiert werden sollen. Andererseits lässt sie doch viele Zweifel offen, besonders wenn man berücksichtigt, dass kürzlich wieder eine Konfiskation nach dem selben Muster gegen ein anderes Mitglied von Camaquito erfolgte. Die Rückerstattung erfolgte "postwendend" durch die Deutsche Bank Trust Company Americas, auf eine Verbesserung des Datenschutzes deutet dies aber nicht hin. Interessant ist der Hinweis, dass ich mein Auskunftsbegehren an die DBTCA stellen soll. Mit Sitz in New York wird sich die zwar auf den Standpunkt stellen, dass sie a) nicht an die Schweizer Datenschutzrichtlinien und b) an die US-amerikanischen Gesetze gebunden ist. Auf dem Umweg über internationale Postgeheimnisabkommen und die Vertrag mit der PostFinance kann man es aber schon probieren. Auch wenn man erfährt, dass die DBTCA nichts von Schweizer Gesetzen hält, ist dies eine interessante Information für ihre Vertragspartner PostFinance und ZKB, die ja irgendwie auch der Schweizer Politik (und somit dem EDA) unterstehen.

Ausblick

Was den konkreten monetären Schaden betrifft, ist diesmal alles - dank der Kulanz der PostFinance - gut ausgegangen.

Was die Datenschutzfragen betrifft, sieht die Sache weniger hübsch aus.

Einerseits ist es wohl nützlich zu wissen, dass alle Transaktionen in einer fremden Währung juristisch in deren Ursprungsland stattzufinden scheinen. (Vermutlich wissen das sämtliche Steuerhinterzieher schon lange.) In Zukunft werde ich im Zweifelsfall lieber Bargeld am Schalter tauschen als eine derart gravierende Persönlichkeitsverletzung bei Post- und Banküberweisungen in Kauf zu nehmen. (Vermutlich wissen das die Drogenhändler schon lange.) Man müsste sich aber als Schweizer Bürger darauf verlassen können, dass Bank- und Postgeheimnis auch bei USD-Transaktionen gewahrt bleiben. Es steht zu hoffen, dass auch die PostFinance bzw. deren Partner sich die Techniken zunutze machen, die gemäss den oben erwähnten Reaktionen bei den Banken gang und gäbe sind.

Zweitens zeigt sich an diesem Beispiel wieder einmal, wie das "Bankgeheimnis" (in diesem Fall wohl eher das "Postgeheimnis") nicht in erster Linie zum Schutz der bösen internationalen Mafia dient, sondern redliche Arbeiter in Kuba schützen würde - so es denn Anwendung fände.

Schliesslich ist vermutlich das schweizerische Datenschutzgesetz und die schweizerische Aussenpolitik gegen die USA nur schwer durchsetzbar. Mit Realitäten muss man sich abfinden. Solange die amerikanische Aussenpolitik wenig von unseren Vorstellungen von Recht und Unrecht abwich, haben wir die Konsequenzen dieser Tatsache nicht so deutlich gesehen.

Mein Freund Beni Müller hat mich auf einen Artikel in der Financial Times aufmerksam gemacht, aus dem hervorgeht, dass die OPEC-Länder anfangen, die USD-Währung zu meiden, wegen dem Risiko der Beschlagnahme. Dies hat zum starken Sinken des USD-Kurses in den letzten Monaten beigetragen. Gemäss Leitartikel der NZZ vom 31.12.2004 könnte dies von der US-Regierung ein durchaus erwünschter Effekt sein, der dazu beiträgt, die Staatsschulden auf Kosten ausländischer Staaten und Personen abzubauen.

Als im Sommer 2006 bekanntwurde, dass überhaupt sämtliche SWIFT-Transaktionen den Behörden der USA - angeblich zur Terrobekämpfung - seit Jahren offengelegt werden, wurde der hier beschriebene Fall noch einmal in der Basler Zeitung erwähnt. Aus meiner Sicht ist dabei besonders ärgerlich, wie stark ich von der Postfinance mit ihrer Datenauskunft vom 8.12.2004 (Seite 2 unten "d. Kategorien der Datenempfänger") angelogen worden bin. Was nützen Datenschutzregeln, wenn deren flagrante Verletzung nicht geahndet wird?

Offene Fragen

Warum bedient sich die PostFinance bzw. deren Partner nicht der von den Banken eingesetzten Technik des USD-Transfers, welche dem Datenschutz besser Rechnung trägt?

Inwieweit verstösst die Deutsche Bank Trust Company Americas gegen das Gesetz (international abgesichertes Postgeheimnis und nationale Datenschutzgesetzgebung), wenn sie die Daten an das OFAC weitergibt?

Muss man die Datenschutzauskunft der PostFinance so interpretieren, dass USD-Zahlungen, die nicht unter ein Embargo fallen, nicht ans OFAC (und die CIA etc.) weitergegeben werden?

Wenn es sich um eine sozusagen freiwillige Selbstdeklaration durch die Deutsche Bank Trust Company Americas handelt, wie können die USA dann die Einhaltung des Embargos überprüfen?

Muss man also nicht doch davon ausgehen, dass absolut jede USD-Transaktion von einem Postcheckkonto vollständig bei den US-Behörden gespeichert wird?

Warum gibt sich die PostFinance dazu her, Sanktionen der USA gegen Kuba gegen Schweizer Bürger durchzusetzen, wo doch die UNO diese Sanktionen als unzulässig erklärt hat?

Warum gibt sich die Deutsche Bank dazu her, Sanktionen der USA gegen Schweizer und EU-Bürger durchzusetzen, wo doch die EU diese Sanktionen ablehnt?

Warum gibt sich die Deutsche Bank Trust Company Americas dazu her, Datenschutzrichtlinien zu verletzen, die sie im Rahmen der Safe Harbor Vereinbarung mit der EU einzuhalten verpflichtet ist?

Inwiefern kann ein amerikanisches Gesetz einem Schweizer Bürger eine Reise nach Kuba verbieten?

E-mail an Hartwig Thomas